16.08.2022, 142 km
Wolkenloser Himmel, die Sonne strahlte und auch heute sollte es wieder richtig warm werden. Wir überlegten, ob wir den Tag am Strand verbringen oder weiter nach Narwa fahren sollten. Aber weder für uns geschweige denn für Berta wäre die pralle Sonne am Strand auszuhalten gewesen. Also war die Entscheidung klar: Wir fahren an die russische Grenze nach Narwa. Vor der Stadt bemerkten wir, dass Polizisten und Militär mehrere Straßen, die zum Meer führten abgesperrt hatten und etliche Fahrzeuge darauf warteten, wieder durchfahren zu dürfen. Was war hier los? In Narwa das gleiche Spiel. Den Parkplatz, den wir eigentlich anfahren wollten, erreichten wir gar nicht erst. Aber wir fanden einen anderen ganz in der Nähe und hatten von dort aus einen perfekten Blick auf die Burg von Narwa und die auf der anderen Seite des Flusses auf russischer Seite gelegene Burg von Ivangorod. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, auch hier unsere Drohne steigen zu lassen. Wir hatten uns zuvor informiert, ob es hier irgenwelche Beschränkungen gibt. Zu unserer Überraschung gab es jedoch vor der Burg keinerlei Beschränkungen und auch die Nähe der Grenze schien kein Problem zu sein. Nur über die Grenze fiegen durften wir nicht. Dass hatten wir aber auch nicht vor. Von oben sahen beide Burgen wie immer noch viel eindrucksvoller aus. Nach der Landung, wir hatten die Drohne gerade wieder eingepackt, kamen drei Uniformierte flotten Schrittes direkt zu uns. Eine Polizistin, eine militärisch gekleidete Frau vom Grenzschutz und ein weiterer Mann ebenfalls vom Grenzschutz. Nachdem wir geklärt hatten, dass wir kein Estnisch sprechen, fragten uns die drei, ob wir hier mit einer Drohne geflogen seien. Etwas unsicher, aber immer noch innerlich überzeugt, dass alles legal gewesen war, bejahten wir die Frage wahrheitsgemäß worauf uns der Mann freundlich auf Englisch erklärte, dass es entlang der Grenze zu Rußland ein 5 km breites Beschränkungsgebiet gibt, in dem Drohnenflüge zuvor bei der Polizei angemeldet werden müssten. Wir wiederum erklärten, dass wir keine Beschränkung gefunden hätten und fragten danach, wo wir uns hätten informieren müssen, um diese Regelung zu finden. Die drei tauschten sich kurz aus und wir hatten den Eindruck, dass zwei der drei es mit einer Ermahnung hätten bewenden lassen, die blonde Frau vom Grenzschutz damit jedoch nicht einverstanden war. Also hieß es Unwissenheit schützt vor Strafe nicht und wir konnten wählen, ob die Strafe gleich hier oder nach einer 30 tägigen Bearbeitung durch die entsprechende Behörde ausgesprochen würde. Wir entschieden uns für sofort, was dann noch ca. 2 Stunden dauerte. Währenddessen haben wir uns ausgesprochen nett vor allem mit der Polizistin unterhalten. Sie erklärte uns dann auch, was es mit der besonderen Polizeipräsenz heute auf sich hatte: In einer konzertierten Aktion wurden ausgerechnet heute sechs sowjetische Denkmäler aus der Stadt sowie ein T34 Panzer westlich des Stadtgebiets entfernt und in ein Museum nördlich von Tallinn gebracht. Da dies untern den ca. 90 % russischstämmigen in der Stadt Narwa eher kritisch gesehen wird, geschah das unter einer deutlich erhöhten Polizeipräsenz. Nachdem wir unter den Augen der drei das Video vom Handy gelöscht hatten bekamen wir unser Ticket mit der Minimalstrafe (maximal wären 800 Euro möglich gewesen). Der Grenzschützer hatte die gesamte Zeit über nach den Beschränkungen im Internet gesucht, konnte aber nur etwas in Estnisch auf einer Regierungsseite finden, das er uns freundlicherweise auf englisch übersetzt hatte. Zumindest für die Zukunft hatten wir jetzt die E-Mail-Adresse, bei der wir den Flug hätten anmelden und genehmigen lassen können. Wir verabschiedeten uns noch herzlich von zweien von Ihnen; die blonde Grenzschützerin blieb ihrer Grimmigkeit auch in der Verabschiedung treu. Danach fuhren wir zunächst wieder 40 km nach Westen, die einzige Straße, die von und nach Narwa führt. Die Polizeisperren waren mittlerweile aufgehoben worden, der Panzer war bereits auf dem Weg nach Tallinn. Wir bogen nach Süden ab und fuhren entlang des Ufers des Sees Peipus bis kurz vor Tartu (der Geburtsstadt der freundlichen Polizistin) und fanden auf einem einsamen Picknickplatz im Wald einen Platz für uns ganz alleine. Den Abend ließen wir bei einem Lagerfeuer ausklingen und blieben noch bis weit nach Sonnenuntergang draußen sitzen. Als wir gerade hineingehen wollten, kam ein Wagen mit lauter Musik und hielt am Eingang des Picknickplatzes. Dann ging die Musik aus. Nach einem kleinen Moment Pause drehter der Wagen und brauste dann mit Vollgas in entgegengesetzter Richtung wieder davon.
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