22.08.2022, 182 km
Auf dem Weg zu Stalins Stadt kamen wir der estnischen Grenze in der geteilten Stadt Valko noch einmal sehr nahe. Hier endete auch endlich die Schotterstraße und wurde durch schönen glatten Asphalt abgelöst. Nach knapp einer Stunde erreichten wir den Ort Seda, der einst von Stalin errichtet wurde. An der Hauptstraße stehen gelbgetünchte Mietshäuser und auch das Rathaus und das Kulturzentrum mit dem obligatorischen Russenstern stammen aus dieser Ära. Die Häuser schienen teilweise bewohnt zu sein, obwohl sie ziemlich baufällig aussahen. Bei Strenči überquerten wir noch einmal den Fluß Gauja. Allerdings nicht über die sehenswerte Brücke, wie wir es eigentlich geplant hatten, sondern über die Baustelle der gerade neu errichteten Brücke, die aus weniger sehenswertem Beton bestand. Weiter ging es über 100 km durch den Wald bis nach Gulbene. Hier mussten wir aufgrund einer Umleitung abbiegen und fanden uns kurz danach auf einer Schotterstraße wieder, die die nächsten 50 km unter unseren Rädern bleiben würde. Nach 30 km und eine Stunde gehoppel durch den Wald später sahen wir ein rettendes Schild zu einem Picknickplatz. Wir bogen ab und fanden einen gut gepflegten Platz mit kurzgemähtem Rasen vor, auf dem sich Berta gleich erstmal wälzte. Der Platz lag jedoch direkt an einem Fluß was zwar landschaftlich sehr schön war, aber auch den Mücken ausreichend Gelegenheit zur Brutpflege gab. So verzogen wir uns alle lieber nach drinnen und verbrachten den Rest des Tages in mückensicherer Umgebung.
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21.08.2022, 80 km
Morgens ließen wir uns viel Zeit und ließen Berta noch ein bisschen schlafen bevor wir uns langsam auf den Weg nach Westen immer entlang der lettisch-estnischen Grenze machten. Hinter Rüpnieki bogen wir nach rechts ab und ab dem Zeitpunkt fuhren wir dem Grenzverlauf weiter folgend nur noch auf Schotterstraßen. Kilometerlang und unglaublich staubig. Entgegenkommende Fahrzeuge warfen mit Steinen und zogen eine große Staubwolke hinter sich her. Verlangsamen ist hier ein Fremdwort und eingenebelt wird alles, was sich auf diese Straßen verirrt hat: Entgegenkommende Wohnmobile genauso wie Radfahrer, Fußgänger, Mopedfahrer und natürlich die Büsche und Bäume rechts und links der Straße. Nach einer halben Stunde kamen wir bei unserem ersten Ziel, der Schlucht von Kalamecu-Marküzu an. Es war noch ein kleiner Fußweg von knapp 500 m bis dorthin und dann standen wir mitten in der "Schlucht", die sich als an paar Felsen entlang eines fast ausgetrockneten Bachlaufs erwies. Aber ungefähr das, was man von einer lettischen "Sehenswürdigkeit" erwarten kann. Danach folgten wir der Schotterstraße für weitere 30 km und kamen bei einem Turm an, von dem wir dachten wir könnten von dort aus die größten Binnendünen Lettlands sehen. Aber außer Feldern und dem zugegebenermaßen sehr schönen Kiefernwald der Region Cirgalu sahen wir nichts. Aufschluß gab dann die Informationstafel auf dem kleinen Parkplatz des Turms. Wir stellten uns unter Dünen große Sandhaufen, wie etwa die Düne von Pyla in Frankreich oder die Düne bei Leba in Polen vor. Die Dünen in Cirgula bestehen natürlich auch aus Sand, sind aber wohl vor allem für Geologen interessant, befinden sie sich doch unter einer dünnen Schicht aus Moos und Büschen und sind von einem lichten Kiefernwald bewachsen. Auf der Karte war jedoch auch ein Picknickplatz eingezeichnet der unweit eben dieser Dünen an einem kleinen See lag. Dorthin führte ein kleiner Waldweg durch den schönen Kiefernwald und unser Wohnmobil passte gerade so durch. Aber hierhin würde sich so schnell niemand verirren und so verbrachten wir einen wunderbar ruhigen Nachmittag im Wald am See. Bei einem Spaziergang zu den Dünen erkannten wir dann auch das, was wir vorher auf der Tafel gesehen hatte. Niedliche kleine Hügel, die wunderbar gleichmäßig von hohen Kiefern bewachsen waren. Unten Moos und Flechten und dazwischen Blaubeeren die wieder mal sehr lecker waren und die Hände lila färbten.
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20.08.2022, 139 km
Noch ein letzter Spaziergang, dann verabschiedeten wir uns von dem Platz, der schon fast so etwas wie Heimat geworden war. Allerdings mussten wir vorher erst noch den Wagen gründlich vom feinen schwarzen Staub reinigen, der sich in den letzten Tagen auf dem Fußboden angesammelt hatte. Aber dann ging es los, zunächst nach Tartu, wo wir Frischwasser tankten und erstmal einkaufen gingen. Dann ging es weiter durch den estnischen Wald nach Rõuge zu einer Aussichtsplattform in der Form von einem Storchennest. Viel zu sehen gab es hier nicht, aber die Plattform selbst war eindrucksvoll genug. Über Krabi fuhren wir auf der 108 wieder nach Lettland. Das diese Straße eine Nummer hatte, war schon überraschend, war es doch nicht mehr als ein sandiger Feldweg. Entsprechend überschaubar stellte sich auch die Grenze dar. Zwei Schilder am rechten Sandwegrand, eines mit dem Europazeichen und dem Schriftzug "Latvia" und ein weiteres mit den Geschwindigkeitsbegrenzungen. Dann waren wir wieder in Lettland. Hinter dem nächsten Hügel wartete aber noch eine kleine Überraschung auf uns: Eine freundliche Dame vom Grenzschutz wartete vermutlich schon den ganzen Tag auf ein Auto, dass sie kontrollieren konnte und da waren wir. Freundlich bat sie uns, etwas ins Gras zu fahren und hinter ihrem Wagen anzuhalten. "Ausweis, Führerschein, Fahrzeugpapiere und Versicherungsnachweis," sagte die junge Frau. "Versicherungsnachweis?" überlegten wir, "was für ein Versicherungsnachweis?" "Die grüne Versicherungskarte," kam die Antwort bevor wir fragen konnten. Fragte sich nur, wo die war. Sie fand sich zum Glück ohne großes Suchen bei unseren restlichen Unterlagen zum Wohnmobil und dann verschwand sie mit allen Ausweisen in ihrem Van. Nach kurzer Zeit kam sie zurück, wünschte uns eine gute Fahrt und wir konnten weiter. Nach zwei Kilometern ließen wir einen Wagen passieren, wie wir es öfter mal tun, wenn die Straße schlecht ist und wir entsprechend langsam unterwegs sind. Es war die Polizistin, die jetzt wohl Feierabend gemacht hatte und sich mit der Warnblinkanlage für das Vorbeilassen bedankte. In Kometi fanden wir zufällig eine Entsorgungsstation, wo wir das verbrauchte Wasser ordnungsgemäß entsorgen konnten. Danach wanderten wir noch auf den mit 247 m MSL höchsten Hügel von Veclaicene, wie die Landschaft hier heißt, von dem aus wir bis nach Estland sehen konnten und zu einem "Burgberg", auf dem sehr vielleicht mal eine Burg gestanden haben könnte. Eigentlich war er dazu viel zu klein und irgendwelche Reste einer Burg waren auch nicht zu sehen. Aber das eigentliche Highlight kam erst noch. Auf der Herfahrt, waren wir an einem Spielplatz vorbeigekommen, dessen Parkplatz uns für eine Übernachtung geeignet erschien. Zumal er direkt am Sandweg lag, der nach Krabi in Estland führt und entsprechend ruhig dürfte es hier sein. Als wir gerade den Platz erkundeten, kam der Besitzer vorbei und fragte uns, ob wir hier übernachten wollten. Als wir das bejahten, lud er uns ein, mit dem Wohnmobil auf die große Rasenfläche des Spielplatzes zu fahren, drückte uns noch ein paar Flyer mit Sehenswürdigkeiten aus der Gegend in die Hand und verschwand dann genaus so schnell wieder, wie er gekommen war. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Wir standen jetzt mittem im Grünen, fernab der Straße und kaum mehr zu sehen auf einem Kinderspielplatz. Naturlich ließen wir es uns nicht nehmen, einmal Karrussel zu fahren und die Wippe auszuprobieren. Berta kam bei einem Abendspaziergang durch den benachbarten leerstehenden Bauernhof auch noch auf ihre Kosten. Auf einem der Schornsteine hatte ein Stochenpaar ein großes Nest gebaut aus dem ein Storch erst auf uns herunterblickte und dann zum Abendessen ausflog.
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17. - 19.08.2022
Die Tage waren heiß. Sehr heiß. Und das im nördlichsten Teil des Baltikums. Bei 34 Grad verzogen wir uns in den Wald und dort ließ es sich im Schatten der Bäume ganz gut aushalten. Spaziergänge machten wir morgens und am späten Abend, wenn es etwas kühler war. Tagsüber spielten wir und hingen einfach ein wenig herum. Am Abend machten wir uns dann immer ein kleines Feuerchen und konnten so noch lange draußen sitzen. Die Jungens mit ihrer lauten Musik im Auto kamen auch jeden Abend vorbei, um zu sehen, ob wir noch da waren.
Am zweiten Morgen wachten wir auf, als sich ein Wagen mit Anhänger neben uns auf den kleinen Picknickplatz stellte. Ein Mann stieg aus und kurze Zeit danach wieder ein. Dann fuhr der Wagen wieder weg. Zwei Stunden später, wir waren inzwischen aufgestanden, kam der Wagen noch einmal vorbei. Es war der Ranger, der sich beinahe dafür entschuldigte, heute mit einem Helfer hier arbeiten zu müssen. Sie machten auch tatsächlich jede Menge Lärm, als sie neues Feuerholz für die Hütte zurechtsägten und neue Schilder anbrachten. Während die Männer arbeiteten kam eine Frau vorbei, sammelte ein wenig Müll ein, putzte das Toilettenhäuschen und verschwand dann wenig später mit den beiden Männern. Danach waren wir wieder ganz allein im ruhigen Wald mit unseren Freunden, den Vögeln, Schlangen, Fröschen und Eichhörnchen.
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